„Scheiß Zecke – für dein scheiss buch wirste bluten!“
„Was sind sie nur für ein Mench, dass sie Nazis, die auch
nur Menchen sind, in ein so schlechtes Lischt rücken? An irer Stelle könnte ich
nicht mehr ruhich schlaffen!“
Dies waren nur zwei Kommentare auf mein letztes Buch.
Rechtschreibfehler inklusive!
Aber ich bin gar kein Un-Mensch! Daher konnte ich
tatsächlich viele Nächte kaum schlafen. Lag weniger an meiner zwei Monate alten
Tochter. Ich beschäftigte mich tatsächlich mit der Frage, was für ein Mensch
ich überhaupt bin.
Wusste ich gar nicht.
Wollte ich aber unbedingt mal wissen.
Denn Wissen ist Macht.
Und wieso schreiben solche Dinge wie ich Bücher wie die
Lebensgeschichte von Norbert Nazi?
Wieso schreibe ich überhaupt Bücher?
Nun, für mich ist das Bücher schreiben die letzte kleine
Rebellion in meinem Leben.
Nein im Ernst!
Ich durfte irgendwann feststellen,
dass so etwas wie ich nicht als gesellschaftstauglich bezeichnet werden darf.
Nicht nur deswegen, weil ich mich selbst viel zu wichtig nehme.
Nur weil ich denke, dass der Abkassierer an der Kasse des örtlichen Supermarktes
sich nur für mich seinen Zopf abschneiden ließ. Immer grüßte er, lächelte mich
süffisant an und plötzlich war der Zopf ab. Er strichelte mir sehr zärtlich
meine Hand, als er dieser das Münzgeld entnahm. Das war doch alles kein Zufall.
Okay, ich bin auch nicht schwul, weiss gar nicht, wieso der Typ sich gerade für
mich seine Haare schneiden lassen sollte, denn vermutlich hatte er nur Läuse.
Aber
ich bin wichtig!
Glaub ich!
Ähnlich geht es mir mit dem Straßenbahnfahrer, der extra auf
mich wartet, mir noch einmal die Tür öffnet, während ich wie bekloppt in
Richtung Tram sprinte und beinahe einen Verkehrsunfall verursache. Nur um der
guten Seite des Straßenbahnführers keinen Hieb zu versetzen.
Aber zurück in den Supermarkt. Wer traut sich denn bitte,
außer ich, sich dort wie ein vierjähriger verzogener Bengel zu benehmen?
„27,50€
bitte!“
„Huaaaa Huaaaa Huaaaa wehhh wehhhh wehhh!“
Ich weine wie ein kleines
Kind.
Kann ich gut! Und ich brülle weiter!
„Ich will das aber haben! Wuoooohhhhh!“
Ich schreie weiter, stampfe erst wild auf den Boden, schmeiße mich dann auf
diesen und brülle noch immer aus vollem Leib. Ich boxe und trete um mich. Denn ich möchte einzig
meinen Willen durchsetzen.
Die Filialleitung wurde inzwischen ebenfalls
gerufen. Endlich hat die auch mal was zu tun.
„Was ist denn hier bitte los?“
„Keine Ahnung! Der Typ scheint nicht ganz dicht zu sein.
Soll ich die Polizei rufen?
„Nein! Lieber einen Arzt!“
Ich brülle weiter! Ich will meinen Einkauf umsonst! Man kann
es doch mal probieren.
Grenzen austesten!
Während in meiner Geldbörse ein
einsamer depressiver 100€ Schein vor sich hin vegetiert, der ungerne ausgegeben werden
möchte. Der bleibt lieber allein. Bis ich merke, dass der Kassierer und die
Filialleitung hoffnungslos überfordert sind. Nur die Kunden hinter mir werden,
zu meinem Genuss, immer aggressiver. Ich vernehme Worte wie
„Zwangsjacke,
“tot
schlagen,“
„vergasen“ und
„Mülleimer“.
Das ist mir dann doch zu viel. Ich stehe
auf. Nicht aus Gründen von einsehendem Fehlverhalten, sondern eher aufgrund von dringend notwendiger
Gefahrenabwehr. Ich stehe also auf, reiche der Filialeitung den 100€ Schein.
„Rest
ist Trinkgeld,“meinte ich noch, während ich meinen 27,50€ Einkauf im
Rucksack verstaue.
Es gibt auch noch weitere Beispiele, welche meine
Gesellschaftsfähigkeit arg in Frage stellen. Ich amüsiere mich beispielsweise
köstlich darüber, an der roten Ampel zu stehen, während andere scheinbar blind über die Straße maschieren. Ich
schreie dann immer voller Inbrunst
„Vorsicht,“ dann zuckt der Rotgänger einmal
kurz oder schmeißt sich mit einem markerschütternden Schrei direkt auf die
Straße, auf welcher er dann vom herannahenden Auto überfahren wird.
Nur das
Auto ist gar nicht da.
Nur ich bin da und lache mich halb tot. Manchmal bekomme
ich dann noch einen derben Spruch gesetzt, aber das ist mir doch egal. Schließlich
bin ich nicht so blöde und laufe über rote Ampeln.
Und sonst so?
Nichts Besseres zu tun!
Also Bücher schreiben!
Denn Mitmenschen wirken inzwischen dermaßen genervt von mir! Und das sogar im
nüchternen Zustand. Also Gedanken lieber aufschreiben. So entstehen oftmals wunderbare
Momente!
Des Schweigens!
Ich kann es immer ganz deutlich hören, dieses
„Puhhh,
zum Glück redet der gerade nicht!“
Dabei habe ich mir inzwischen genug
Fachwissen angeeignet, mit welchem ich über typisch deutsche Themen mitreden kann.
Nazis!
Autos!
Nazis unter Autos!
Und ich gebe gerne zu, ich rede lieber über
Autos, als über Nazis. Doch selbst wenn ich diese Themen anschneide, kann ich
es wieder ganz deutlich hören:
„Puhh, zum Glück redet der gerade nicht über Nazis und
Autos!“ Und deswegen schreibe ich lieber drüber. Über doofe Nazis schrieb ich
ja bereits, also nun über doofe Autos? Klingt doch eher langweilig. Vielleicht so
eine Art fick-tiver Road-trip über Autos und darin sitzende Opfermenschen? Was
halten sie davon?
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