Direkt zum Hauptbereich

Leseprobe zu "Alles gut."

Bevor sich alle in die Schlafsäcke betteten, bat der Lehrer darum, sich noch einmal im Zelt von Jule zu versammeln.
«Wieso ausgerechnet in meinem?», fragte Jule verärgert.
«Weil du das Schönste hast», konterte ihr Lehrer.

Es folgte ein Vortrag zum großen Gebiet der Schorfheide, in der sich die Gruppe noch immer befand, und zu den hier beheimateten Tieren und Pflanzenarten. Herr Seifert redete und Linus legte seinen Kopf in den Schoss von Jule. Die warf ihrem Lehrer einen verwunderten Blick zu. Der zuckte lächelnd die Schultern und wendete sich wieder seinem Vortrag zu. Jule sah Friedemanns geschockten Blick und nahm diesen zum Anlass, zusätzlich ihre Hand auf Linus Kopf zu legen. Friedemann wirkte, als würde man ihm das Herz rausreißen.

Jule sagte: «Du bist voll süß, wenn du nicht gerade einen fahren lässt.» Das nahm Linus nicht mehr wahr. Seine Augen waren bereits geschlossen. Sein Atem ging gleichmäßig. Doch Friedemann brach erst theatralisch in Tränen aus und dann gänzlich zusammen.
«Bist du bitte mal leise? Du siehst doch, dass da jemand schläft», bat sein Lehrer forsch.
Friedemann verließ unter Tränen das Zelt. Dann kam er wieder rein. Er hatte ja kein Eigenes. Wo sollte er schlafen? Der Gedanke, Friedemann bei sich schlafen zu lassen, stieß beim Seifert auf wenig Begeisterung.
«Er kann doch in Linus Zelt pennen. Linus schläft dann bei mir.»
«Niemals!», schrie Friedemann. Dabei reckte er seine Faust in die Luft und schlug damit gegen die Zeltdecke.
«Die Idee ist gut. Ich möchte Linus nicht mehr wecken und rübertragen kommt nicht in Frage. Also machen wir das so!»
Friedemann gehorchte. Wenn auch unfreiwillig.
Er verließ erneut das Zelt, begab sich in Linus Campingvorrichtung und drohte, für die anderen unüberhörbar, Linus Zelt mit seiner Tränenflüssigkeit unter Wasser zu setzen. Wenig später begab sich auch Herr Seifert in sein Schlafgemach. Doch während Linus weiter ungestört schlief, machten die anderen beiden kein Auge zu. Herr Seifert warf einen Blick auf die Uhr. Nicht mehr lange bis Mitternacht. Er forderte Friedemann auf, endlich ruhig zu sein, was dieser mit einem noch lauteren Aufheulen kommentierte. Auch Jule hatte genug.
«Ey, ich komm gleich rüber!», rief sie gereizt. Dann war es kurz still.
«Das würdest du tun? Du möchtest also bei mir schlafen?»
Das Mädchen war fassungslos. Ohne weiteren Kommentar vergrub sie sich in ihren Schlafsack.
«Oh, mein Kuschelbärchen, ich habe dir Platz gemacht, du kannst kommen! Dann busseln wir gemeinsam und wärmen gegenseitig unsere Körper.»
«Friedemann! Wenn ich vor Sonnenaufgang noch irgendwas von dir höre, schläfst du bei den Wildschweinen!» Auf Herrn Seiferts Drohung folgte augenblicklich Stille. Doch hätte er gewusst, was er mit seinen Worten anrichtete, hätte er sich seine Drohung wohl nochmal überlegt.

Kommentare