Ich habe es versucht und ich finde, es ist okay geworden dieses Mainstream-Manuskript mit Helene Eberle und Walter Paul in den
Hauptrollen. Doch etwas sträubt sich in mir, es aktuell zu veröffentlichen.
Zu einem Zeitpunkt, wo Menschen inhaftiert werden, weil sie
andere Menschen auf der Flucht vor dem Ertrinken retteten.
Zu einem Zeitpunkt, wo der Klimawandel immer deutlichere
Züge annimmt, während in Paris jugendliche Klimaaktivisten von sogenannten
Gesetzeshütern mit Pfefferspray regelrecht eingenebelt werden.
Zu einem Zeitpunkt, wo Politiker wieder per Kopfschuss
hingerichtet werden und ich den Aufschrei vermisse, auch weil der Schredder
beim Verfassungsschutz heiß läuft.
Zu einem Zeitpunkt, wo öffentlich wird, dass unzählige
Kinder über zwei Jahrzehnte lang auf einem Campingplatz sexuell missbraucht
worden sind und angeblich niemand etwas bemerkt haben will.
Und ich frage mich, wo lebe ich überhaupt? Ich meine, egal
ob Lübcke oder Lüdge, das was aktuell geschieht, erinnert mich an
kriegsähnliche Zustände.
Menschen werden erschossen, Kinder massenhaft missbraucht,
die Polizei kann schalten und walten, wie es ihr gefällt und inhaftieren
Menschen, weil sie gegen menschenfeindliche Gesetze verstießen. Und das alles
scheint kaum bis keine Konsequenzen zu haben.
Und genau deshalb kann ich keinen Mainstream
veröffentlichen. Diese Zeit braucht (Klein-)Künstler, die mit (Klein-)Kunst auf
das Elend um uns herum aufmerksam machen. Oder in meinem Fall mit
Bücher, die nicht nur den kleinen Finger, sondern die ganze Faust in die
klaffende Wunde der Gesellschaft stecken. Bis es schmerzt.
Ich kann keinen summer-sunny-Sommerroman schreiben, wenn die Gesellschaft, in der ich lebe, für Eiseskälte sorgt.
Vielleicht wird Mainstream morgen sein. Es wäre schön, wenn
fast zwei Jahre Arbeit nicht im Literatur-Mülleimer landen müssten.
Aber jetzt heißt es noch einmal: hinsetzen, schreiben.
Schreiben, um zu provozieren, schreiben um auf Dinge, die schieflaufen,
aufmerksam zu machen.
Auch das ist Aufgabe von Literatur.
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