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Ich bin ein Rassist!

In den letzten Wochen erlebte ich in verschiedenen Alltagssituationen sogenannten Alltagsrassismus. Und ich danke all den Rassisten da draußen, die ihren Teil dazu beitrugen, mir die Augen zu öffnen.
Ja, auch ich denke rassistisch. Warum? Ich ertappte mich dabei, dass die Figuren in meinen Büchern immer weiß waren. Ausschließlich. Aber warum? Weil der Ursprungsdeutsche eine helle Hautfarbe hat? Ich komme auf diese Frage noch einmal zurück.

Vorher möchte ich nur zwei Situationen beschreiben, wo es zu geschmacklosen Kommentaren von Rassisten kamen. Ja, es waren Rassisten. Sonst hätten sie nicht diese Sprüche geklopft.
Situation 1: Getränke Hoffmann! Herman-Blankenstein-Straße. 02.06.2020. Gegen 15.00 Uhr.
Ich stehe an der Kassenschlange und warte, bis auch ich meine Getränke zahlen kann. Hinter dem Kassentresen eine Frau und ein Mann, der ein grünes T-Shirt trug.
Ich bekam die Debatte vorher nicht mit. So ehrlich muss ich sein. Doch egal, was vorher war. Der folgende Dialog ist durch nichts zu entschuldigen.
Der Mann im grünen Shirt: » Naja, Arbeit macht frei, wa?«
Ein älterer Kunde: » Wie meinen Sie das denn?«
Das grüne Shirt: »Na, stand doch mal irgendwo. Weeß aber nich mehr wo.«

Ich ließ meinen vollbepackten Wagen stehen und verließ Getränke Hoffmann.
Für mich war das schon kein Rassismus mehr. Das war schon die Anerkennung von Faschismus.


Situation 2: Lila-Bäcker in einer Edeka-Filiale, Fürstenberg an der Havel, 20.06.2020 gegen 10.30 Uhr
Ich bestelle einen großen Coffee to go, als eine Frau hinter dem Tresen jemandem mit lauter Stimme fragte, ob er schon die Schwarzen bestellt hätte. Ich dachte an Brote. Oder Brötchen. Zumindest war das für mich noch in keiner Weise rassistisch. Und nun die Antwort von einem glatzköpfigen Mann, in den ich zweimal hineingepasst hätte. Da ich quer zu dem Mann stand, erkannte ich von der Seite einen grauen Kinnbart. Trotz der Maske.
»Wieso? Was sollen wir denn mit denen? Sklavenhandel ist doch verboten.« Die Menschen um mich herum lachten. Schallend. Ich nicht. Ich verließ, geschockt über diese Äußerung, den Laden.
Auf meiner Weiterfahrt ging mir dieser Spruch nicht mehr aus dem Kopf. Ich fragte mich, was ich tun konnte? Und ich fand die Antwort. Ich muss bei mir selbst anfangen. Ich dachte nach. Dann stellte ich mir die Frage, wieso haben eigentlich alle Menschen in meinen bisher veröffentlichten Büchern eine helle Hautfarbe? Zuerst tröstete ich mich damit, dass der zweite Teil von Helene Eberle, der im März 21 erscheint, Menschen mit einer dunkleren Hautfarbe zu Wort kommen lässt. Jedoch nur als Opfer.
Ja, dieses Buch wird den Finger in die Wunde legen, was Alltagsrassismus angeht. Auch bei der Polizei. So viel kann ich versprechen.
Doch nebenbei! Ich schreibe aktuell an einem neuen Jugendbuch. Und ich danke an dieser Stelle all den Kackbratzen da draußen. Ihr habt es mit euren Kommentaren geschafft, dass ich mich selbst hinterfragt habe. Und ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass eine der beiden Hauptfiguren eine dunkle Hautfarbe hat. Einfach so. Weil es normal ist.
Danke!

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