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"Das Atomkraftwerk und der Müll der Selbstbefriedigung!"
Langsam
spürte ich, dass ich Schwierigkeiten bekam, mich wachzuhalten. Immer öfter
nickte ich weg, statt dem jungen, alt aussehenden Mann zuzunicken. Bemerkenswerterweise
spürte ich, wie mir in meiner Müdigkeit und der Schwierigkeit mich
wachzuhalten, sogar Spucke aus dem Mund lief. Franz-Josef schien das gar nicht
zu merken. Der quatschte einfach immer weiter. Davon, wie es bei seiner Mama
war, aber auch, wie es in der Schule so gelaufen ist. Davon, dass er heute achtzehn
Jahre alt wäre und eigentlich die Schule besuchen müsste.
Er
ging damals weiterhin nicht oft zur Schule und bekam deshalb schlechte Noten
und musste nochmals Klassenstufen wiederholen. Das überraschte mich wenig. Und
wenn ich nicht gerade am Einnicken war, nickte ich ihm zu. Ich empfand mein Verhalten
als unfreundlich und wollte daher gerne wachbleiben. Immer schön allen anderen
alles recht machen. Eigene Bedürfnisse gehören auf den Müll der
Selbstbefriedigung. Ich dachte, diese Lebensphase hätte ich hinter mir. Ich
entschuldigte mich und ging aufs Klo. Diesmal nickte er mir zu.
Nachdem
ich neben dem Klo auch noch den Speisewagen besuchte, begab ich mich mit einer
Tasse heißem Tee zurück ins Abteil. Als ich mich diesem näherte, hörte ich die
Stimme Franz-Josefs und wie er davon erzählte, dass seine Mutter die
allerwichtigste Frau in seinem Leben gewesen wäre und sie ihm vor bösen Sachen
im Leben bewahrt hätte. Ich dachte an so böse Dinge wie Gesichtswasser, Zahnputzzeug
und andere Arten von Hygieneartikeln. Aber eigentlich fragte ich mich, mit wem
er denn gerade sprechen würde. Ich blieb auf dem Gang stehen, lauschte nach
anderen Stimmen und hörte, wie davon berichtet wurde, wie die Mama von
Franz-Josef ihm die Hausaufgaben erledigte, beide sich fühlten wie ein
Liebespaar und alles gemeinsam unternahmen. Egal, ob beim Essen einkaufen, Spazierengehen
oder Wäsche waschen. Und wenn Franz-Josef mal in die Schule musste, dann
wartete sie immer direkt am Schultor. Sie hatten ja nur noch sich. Ich nickte
nicht.
Wäre
auf dem Gang auch völlig egal gewesen. Der Tee kratzte mir im Hals und ich
verspürte wenig Lust, wieder ins Abteil zu gehen. Ich vernahm leise Stimmen aus
dem Nachbarabteil. Dort lief noch immer Schlagermusik von Wolfgang Petry. Ich
begab mich dann doch wieder auf meinen Sitz- und Schlafplatz und ich durfte
feststellen, dass die Oma schnarchte, der Laptop-Mann die Augen zu hatte, die
leicht gut aussehende Hippie-Frau ebenfalls schlief und selbst dabei ein
faszinierendes Lächeln auf den Lippen hatte.
Ich
blickte zu meinem Sohn und sah noch immer diesen Blick. Ein Blick als Mix aus
Aggression und Frustration. Aber auch er hatte die Augen zu und der Einzige,
der hier also wach war, war dieses vor sich hin labernde Pickelgesicht. Ich
setzte mich. Und ich war erschrocken darüber, dass ich damit begann, mich
tierisch zu ärgern. Ich dachte vorhin die ganze Zeit, dieser Typ redet mit mir.
Tat er aber gar nicht. Der sprach einfach so. Wie ein Hörspiel in
Dauerschleife. Beachtete mich wahrscheinlich kaum. Und ich musste feststellen,
dass neben meinem Sohn eine Art Atomkraftwerk saß.
Ungefähr
genauso schwer abzuschalten.
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