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Mein Beitrag zur Europameisterschaft


Geklingelt hast du.
An meiner Tür.
Ich schaute hinaus.
Und erschrak, während du erneut die Klingel zum klingeln brachtest. Völlig asozial wirktest du da, während du vor meiner Haustür standest und zu mir wolltest. Ich wollte dich aber nicht hineinlassen. Dich mit deinen
vergilbten Schuhen,
deiner roten Hose und
deinem schwarzen Wollpullover bei 25 Grad im Schatten.
Auch viel zu dünn wirktest du da so vor meiner Tür stehend und um Einlass bettelnd.
Dünn, ja regelrecht abgemagert sahst du aus mit deinen stelzigen Beinen und irgendwas raufgesteckt, was ein Oberkörper sein sollte, doch in Wahrheit irgendeinen Fremdkörper darstellte.
War dir aber egal.
Mir auch, denn du solltest bitte weitergehen. Schließlich konnte ich mit dir so viel anfangen wie mit Fleischwurst, wenn ich Vegetarier wäre.
Ja, Fleischwurst!
Fleischwurst,
Fleischwurst!
Ein Wort, womit man dich perfekt beschreiben konnte.
Oder drei!

»Komm, lass mich rein! Ich bin es doch! Deine Freundin für die nächsten vier Wochen!«
Und ich so: »Los, verpiss dich! Such dir Leute auf deinem Niveau! Oder unter deinem Niveau.«

Was jedoch so unmöglich schien wie Regentropfen in Richtung Himmel tropfen
oder Bäume an Hunde pissen lassen.

 

Ich mochte dich noch nie. Dich nicht und deinen blöden Bruder auch nicht. Viel zu oft traf ich dich auf der Straße. Angequatscht hast du mich, Werbegeschenke wolltest du mir überreichen, während ich dir lediglich Nichtbeachtung schenkte. Zum Beispiel am Wahlstand der CDU oder inzwischen in jedem gottverdammten Supermarkt.
Wenn du mir Dinge wie Fahnen, Wimpel und inzwischen sogar Obst und Gemüse und Bierflaschen präsentiertest, welche allesamt die gleichen Farben zierten, wie deine Klamotten. Die nie gewechselt wurden. Deshalb stinkst du auch immer dermaßen nach Fäulnis und anderen abschreckenden Dingen wie Stuhlgang, verfaulten Eiern, sowie Güllegruben.

Nur manchmal frage ich mich,
wieso
nur ich das rieche.
Es gibt tatsächlich viele Menschen, deren Oberflächlichkeit es gestattet, dich ganz toll zu finden. Nur ich frage mich noch immer, 
wieso.
Denn du selbst schließt Menschen aus mit deinen Farben und wer etwas gegen dich sagt, bekommt es mit deinem bösen Bruder zu tun. Denn Intoleranz dir selbst gegenüber tolerierst du nicht. Dafür gibts dann ordentlich aufs Maul. Lediglich Intoleranz gegenüber anderen findest du okay.

 

Nun ist wieder einmal ein 24-Länderturnier in Europa und du, ja du bist präsent wie selten, aber trotzdem immer öfter.
Ich sollte dir einmal mitteilen, dass du mir mit deiner stetig anwachsenden Präsenz Angst einflößt. Und das nicht nur, wenn dein böser Bruder bei dir ist.
Dein Bruder! Welcher wie ein muskelbepackter Sonderschüler wirkt, der einen Wortschatz von unglaublichen zwei Worten sein Eignen nennen darf.

»Aufs Maul!«
Und mit dieser Wortwahl schloss er die Sonderschule mit Abstand als Klassenbester ab.
Nun sieht man ihn, deinen fetten, muskelbehangenen Bruder, auf Fanmeilen herumlungern. Seinen rechten Arm in die Lüfte streckend.
Motorisch für ihn eine Meisterleistung.
Man sichtete ihn auch in Frankreich
mit Reichkriegsflaggen und Hitlerzeichen.
Ich jedoch nicht, denn bei so etwas dringt mein Mageninhalt nach außen. Habe das lediglich der Presse entnommen.
Lügenpresse auf die Fresse!
In den Kreisen deines Bruders gilt dieser Satz als Abiturprüfung. Dann doch lieber direkt in Stuttgart aus einem Kleinwagen auf Farbige schießen.
Wieso auch nicht?
In Zeiten von nationalgeprägten Europameisterschaften ist das doch legitim, denn 
Deutschland, Deutschland über alles.

 

Und du standest immer noch vor meiner Tür, schriest nach deinem Bruder, denn du hast inzwischen mitbekommen, ich mag dich nicht.
Und du schriest weiter:

 »Hey Bruder Nationalismus, komm mal her, der Typ hier mag deine Schwester nicht.«
Und dein Bruder kam angewatschelt und brüllte
»Aufs Maul!«
Und du so: 
»Genau: Denn wer mich, Frau Patriotismus, nicht mag, soll sich doch verpissen und sich gefälligst ein anderes Land suchen!« 

Und ich packte in Gedanken bereits meine sieben Sachen, doch wurde mir klar, dass es Leute wie Frau Patriotismus und Herrn Nationalismus auch in anderen Ländern gebe. »Alles eine Sache der Bildung,« sagte ich zu mir selbst.  Und ich fragte mich außerdem, warum ich gottverdammt immer aus der Reihe tanzen musste. Schließlich gebe es doch so viele Menschen da draußen, die der Frau Patriotismus zu gerne Türen öffnen und sich freuen, endlich was zum ficken zu haben.
Patriotismus ficken.

Denn Frau Patriotismus ficken gibt eine Art Schein-Selbstsicherheit. Eine Art Selbstsicherheit, die Patriotismus fickende Menschen sonst nicht erlangen können, aber doch so dringend brauchen.
Diese Schein-Selbstsicherheit.
Und was ich denn dagegen habe, werde ich oft gefragt. Schließlich wäre Frau Patriotismus auch für mich da und ob ich denn nicht stolz auf sie wäre. Und ich fragte dann immer nur: »Ja, aber wieso um alles in der Welt soll ich denn auf die stolz sein? Ich habe mit dieser abgehalfterten Gestalt nichts zu tun und bin lediglich stolz auf mich selbst!«

Und Reaktionen auf diesen Satz reichen dann oftmals von 
weggehen,
Rücken zukehren oder
»Aufs Maul!«

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