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Gegen Asylmissbrauch

Ja, sie sind überrascht. Ich nicht. Doch tatsächlich ist es so, wie es nun mal ist. Auch ich oute mich heute und bekenne mich dazu, dass auch ich ganz offiziell gegen Asylmissbrauch bin. Wie kommt das, werden manche nun denken. Wie kam das, werde ich diesen nun antworten.

Doch eigentlich begann alles bereits vor vielen Wochen. Da stand plötzlich meine Tochter vor mir und fragte mich mit ihren naiven sieben Jahren: «Papa, was ist eigentlich und überhaupt Asyl?»

Nun, ich gebe eigentlich ungern klare Antworten. Das weiß sie und das weiß ich. Stattdessen antworte ich oftmals mit einer Gegenfrage. Doch diese nahm mir meine Gesprächspartnerin bereits vorweg.

«Frag nicht Papa, der Joey hat erzählt, dass hier in Deutschland total viele Asylschmarotzer leben würden!»

Normalerweise reiße ich bei solchen Wörtern meine Augen so weit auf, wie es eben geht. Eigentlich nur, um mein geschockt sein brachial zum Ausdruck zu bringen. Man könnte aber auch denken, mir bliebe die Luft weg oder meine Augäpfel wollten flüchten.

Doch diesmal erklärte ich meiner Tochter ganz ungeschockt, dass sie beispielsweise oftmals und eigentlich viel zu oft Asyl in meinem Bett sucht, wenn sie kurz nach Mitternacht vor meiner Furzkiste steht, etwas von diversen Alpträumen berichtet und damit ihren nächlichen Asylantrag für mein Bett begründet. Inklusive Wiedereinschlafmassage und anschließender Verdrängung all der anderen, die sich da so im Bett befinden. Da dieses Asylgesuche viel zu oft vorkommt in letzter Zeit, vergesse ich selbstverständlich nicht miteinzuwerfen, dass in der nächsten Nacht die sofortige Abschiebung drohe.


Am nächsten Tag saß ich, Kaffee schlürfend, am Frühstückstisch. Vermutlich aus schierloser Angst abgeschoben zu werden, gab es von meiner Tochter in der letzten Nacht keinen Asylantrag. Die Drohung Tags zuvor half also. Ich blätterte und überflog dabei den Inhalt meiner Zeitung. Meine Tochter schaute mir über die Schulter. Dann die Frage: «Papa, was sind eigentlich Flüchtlinge?»

«Ja weißt du, Menschen flüchten vor Krieg und Armut in ihrem Land und suchen dann in anderen Ländern Schutz!»

«Und wieso nennt man die dann Flüchtlinge? Das sind doch dann Menschen wie du und ich!» Meine Tochter traf mit dieser Aussage platziert ins Schwarze.

«Na, weil sie halt flüchten!»

«Wenn wir in ein anderes Land ziehen wollen, weil du dort mehr Geld verdienen würdest, wären wir dann auch Flüchtlinge?»

«Ich glaube nicht, wir flüchten ja nicht vor Krieg und Armut!»

«Aber du sagst doch selber immer, wir sind nicht reich!»

«Aber das ist trotzdem was anderes!»

«Wieso? Weil wir nicht vor dem Krieg flüchten?»

Ich konnte meiner Tochter keine weitere Erklärung geben. Ging ich doch davon aus, dass sie diese sowieso nicht verstünde. Ich gab also auf. Sie nicht.

«Weißt du Papa, ich verstehe das nicht. Wieso können Menschen nicht da leben, wo sie wollen? Wenn sie in einem Land arm sind und in einem anderen mehr Geld hätten, ist das doch okay. Denn Geld ist zwar scheiße, aber trotzdem wichtig. Hast du selber mal gesagt. Und überhaupt, wenn in anderen Ländern Krieg ist, ist es doch klar, dass man da nicht mehr leben will. Wieso haben dann diese Flüchtlinge weniger Rechte, als andere? Nur weil sie flüchten und sich ein besseres Leben wünschen?»

Meine Tochter verschlug mir die Sprache. Ich starrte in meine Zeitung und las dort folgende Überschrift: «Flüchtlingslager überfüllt! Abschiebungen gehen nicht schnell genug vonstatten!» Auch meine Tochter starrte in meine Zeitung und sprach weiter:

«Papa, diese Menschen tun mir leid. Sie sind auf der Suche nach einem besseren Leben und hier werden sie in Lager gesteckt. Wir müssen doch auch nicht in Lagern wohnen. Und was macht uns bitte zu besseren Menschen?»

«Ich glaube, der Unterschied liegt darin, dass wir hier geboren wurden!»

«Aber dafür können wir nichts. Und die Menschen aus anderen Ländern können doch auch nichts dafür, dass sie da geboren wurden. Und überhaupt, wieso gibt es überhaupt Armut auf der Welt?»

Ich konnte meiner Tochter schlecht erklären, dass es reiche Menschen und es daher auch arme Menschen auf der Welt gibt. Ich zweifelte schlicht daran, dass sie dies verstehen würde.

Wir unterhielten uns den ganzen Morgen über dieses Thema und sie schaffte es, mich zu überzeugen, dass Mensch doch Mensch ist, egal wo er lebt und wo er leben möchte. Und was ist überhaupt Asyl, außer wenn die eigene Tochter nachts vorm Bett steht, weil sie Alpträume hatte und bei mir Schutz sucht? Ehe sie mich aus meinem eigenen Bett verdrängt.

Und sie verstand an diesem Morgen noch so viel mehr. Und ich auch.

Was ist schon Asyl? Wenn ein Mensch an einem Ort nicht leben möchte und woanders ein besseres Leben haben könnte, hat er schließlich das Recht, woanders hinzugehen. Wenn es in wenigen Ländern Reichtum gibt und in so vielen Ländern Armut, sollte der Reichtum vielleicht etwas gerechter verteilt werden. Eventuell gibt es dann weniger sogenannte Flüchtlinge. Ein Versuch wäre es doch wert. Dann gebe es auch weniger Menschen wie mich, die das Gefühl haben, ein asozialer Sozialschmarotzer zu sein, weil man auf Kosten anderer Menschen lebt. Denn ohne zu viel Reichtum gebe es weniger Armut. Ohne Menschen, die durch Waffenexporte für Hunger und Elend in anderen Ländern sorgen und dadurch reich werden, gebe es weniger Kriege, weniger Hunger und weniger Flucht. Meine Tochter verstand es. Und Sie vielleicht auch.

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