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Ich wurde geil genormt durch Kinderhände...

...In einem Ort im Nordwesten Chinas, deren Namen ich bereits vergessen habe. Überhaupt wird meine Herkunft gern verschwiegen oder ist maximal kleinstgedruckt erkennbar. Ja, man wird sagen, ich stamme ursprünglich aus Schweden. Das macht mich teurer, weil seltener und geiler. Dabei gibt es unzählige Brüder und Schwestern von mir. Man könnte auch sagen, ich wäre massenhaft massenkompatibel. Trotzdem bin ich noch immer Ich und nur ich erlebte meine eigene Geschichte. Eine Geschichte, die im Nordwesten Chinas, also eigentlich in Schweden, begann. Aber das ist auch alles, was ich mit meinen Brüdern und Schwestern gemeinsam habe. Mal abgesehen davon, dass manche von ihnen mit mir gemeinsam in einem Heim für Dinge aus dem Nordwesten Chinas, also aus Schweden, angeboten wurden.

Ich erinnere mich noch genau daran, als sie mich in Pflege nahm. Mich zu Hause zärtlich belächelte, jedoch immer aggressiver wurde, je mehr Zeit sie mit mir verbrachte. Man kann auch sagen, sie war schlicht überfordert, mich großzuziehen. Ihre langen roten Haare gefielen mir sehr. Dazu diese elegant langen Beine. Diese natürliche Blässe. Das hatte schon was. Und trotzdem kamen wir nicht klar miteinander. Vielleicht war ich ein wenig verliebt in sie. Und es verletzte mich daher umso mehr, als er dann da plötzlich auftauchte. Er, fetter Bauch, voll mit Hintergedanken. Baute mich sporadisch auf. So ganz ohne Liebe. Ohne Liebe kann ich nicht existieren. Auch ich möchte so liebevoll behandelt werden, wie alle Dinge auf der Welt. Aber nein! Ich war nur das Nötigste wert. Und das Schlimmste war dann dieser Spruch, als er meinte „Das Ding steht!“ Dabei lachte dieser  widerliche Dreckskerl und brachte mit dieser widerlichen Lache die Doppeldeutlichkeit seines Satzes zum Ausdruck. Kurze Zeit später saß sie auf und er stand vor mir. Das war mir zu viel. Ich erinnere mich daran, wie sie an manchen Abenden, nur im Slip bekleidet, vor mir saß und versuchte, mich großzuziehen. Nun trug sie nicht mal mehr eine Unterhose. Das war zu viel für mich. Meine Gefühle liefen Sturm und ich brach unter Tränen zusammen. Am nächsten Tag wurde ich dann ins Heim zurückgebracht. Mit der Begründung, mehrere Schrauben locker zu haben und daher schwer er-ziehbar zu sein.


Ich genoss die erneute Zeit im Heim. Man umsorgte mich und meine Wunden. Und dort, wo es am meisten wehtat, besserte man mich aus. Im Anschluss daran lag ich wieder bei meinen chinesischen Freunden aus Schweden im Regal und wartete darauf, was kam.
Und irgendwann kamen sie. Eine Frau, ein Mann, ein Kind! Ich hörte noch „Schau mal Franz-Karl, das wäre doch etwas für dein Kinderzimmer!“ Und ich dachte noch so bei mir „Nein, bitte nicht! Lieber Spannplattengott, erspare mir diesen 13-jährigen. Ich möchte gar nicht wissen, was der für Dinge in mich hineinstopft. Doch zu spät! Mein Ende näherte sich unaufhaltsam, je näher der Einkaufswagen, in welchem ich nun lag, sich dem Kassenbereich näherte.
Immerhin hatte ich nun keine Schraube mehr locker, denn das, was nicht passte, wurde passend gemacht und mit Alleskleber zugekleistert. Man verstand den Umgang mit mir. Das freute mich. Ich war also Mitglied einer dreiköpfigen Familie und man beherbergte mich im Kinderzimmer. Damit musste ich leben. Je länger ich blieb, desto vollgestopfter fühlte ich mich. Was ich auch alles in mir fand. Neben Socken und  Schlüpfer von Franz-Karl, die aus den 80er Jahren geflohen sein mussten, auch Damenunterwäsche, Nacktbilder, Pornohefte vom Papa. Ich fühlte mich benutzt und irgendwie auch gut dabei. Geheimnisse konnte ich nämlich schon immer gut für mich behalten. Doch wie das so ist, fand die Frau Mutter irgendwann in mir, neben Socken und Schlüpfer von Franz-Karl, auch Nachtbilder und Pornohefte vom Papa. Doch kam man gar nicht erst darauf, ihm diesen Schmuddelkram anzuhängen. Von vornherein musste es Franz-Karl gewesen sein, der pubertätsmäßig diesen Schweinkram hortete. Doch dieses beschuldigte und dauerunterdrückte 13-jährige Etwas ließ dann, vermutlich zum ersten Mal in seinem Leben, seinen Aggressionen freien Lauf, weil er mit dieser Anschuldigung nun gar nicht zurecht kam. Und irgendwann stand er dann da. Mit einem Hackebeil vor der Mama und dem Papa und hackebeilte auf sie ein. Und dann war da Blut, was ich nicht schlimm fand. Und auch andere Körpersäfte in vielen bunten Farben. Dann war die Mama und der Papa nicht mehr so richtig da und konnten mich auch nicht beschützen, als Franz-Karl dann plötzlich vor mir stand und auch mich hackebeilte. Ich versuchte mich noch mit Holzsplittern zur Wehr zu setzen, doch vergebens. Dieser kleine verzogene Typ war tatsächlich stärker als ich. Immer wieder schlug er auf mich ein mit seinem Hackebeil. Sein Gesichtsausdruck dabei war ein lachender und sein Kopf war rot wie das Blut von der Mama und dem Papa, was sich da im Nebenzimmer  mischte. Ich hatte Angst und fiel vor Schreck ins Koma.
Nun bin ich aufgebahrt im Krematorium. Neben Altpapier, Elektroschrott und Sperrmüll, zu diesem ich nun ebenfalls zähle, und warte auf meine Einäscherung. Und ich denke ein letztes Mal an die zarten Kinderhände, die mich einst entstehen ließen. Im Nordwesten Chinas. Als kleine liebevolle Spannplattenkommode aus Schweden!

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