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Was einmal ein Thriller werden sollte - 3.Teil - Vorbereitung zur Entführung

Ich genieße den Anblick. Der Regen, der bindfadenmäßig auf mich niederprasselt, lässt den Reiterhof wie das Schloss von Dracula wirken. Dieser Reiterhof wird nun sehr bald mein Schloss sein. Und das von Frau Fleischmann. So wünsche ich es mir. Aus den Sitzungen mit meiner Lieblingspatientin weiß ich, dass sie eine Pferdenärrin ist. Gemeinsam können wir hier etwas aufbauen. Vielleicht eine Pferdepension mit Therapiereiten…! Egal, für mich zählt nur, dass es ein Leben mit Frau Fleischmann gibt.

Nur noch wenige Minuten bis 13.00 Uhr. Nur noch wenige Minuten bis zur Unterzeichnung des Kaufvertrages.
Ich drehe mich um, öffne die Mitteltür meines VW-Busses und krame meine Gummistiefel hervor. Dann stapfe ich durch den vom Regen aufgeweichten Sandboden. Die Gummistiefel geben bei jedem Schritt laute, schmatzende Geräusche von sich. Dann erreiche ich die Stallungen.  Drinnen sehe ich kaum die eigene Hand vor Augen.
Vor Kurzem standen hier noch Pferde. Heute stehe nur ich hier. Und wenn mein Wille geschehe, stünde hier auch bald Frau Fleischmann.
Am Ende des Ganges öffne ich ein weiteres großes Holztor. Vor meinen Augen tauchen in Grau getauchte Felder und Wiesen auf. Dazu eine leichte Nebelwand.
«Oh, Frau Fleischmann. Hier zählen sehr bald nur wir zwei. Sie und ich. Oh, ich liebe sie so dermaßen.»
«Wunderschönen Guten Tag, Herr Meissner. Wie freue ich mich, sie zu sehen.»
Ich drehe mich um. Keine zwei Schritte von mir entfernt erkenne ich die Konturen der gleich ehemaligen Besitzerin des Hofes.
«Ach, Frau Biedenkopf-Rohlau, Guten Tag!» Ich lächle düster und gebe der Frau die Hand. So,  wie es Menschen tun, die Geschäfte miteinander machen, sich aber sonst abstoßend finden. Möchte ich nur nicht kundtun. Schlecht fürs Geschäft.

Minuten später sitzen wir an einem alten Campingtisch in einem kleinen Holzhaus. Das schützt zwar vor dem Regen, aber weder sie noch ich weiß wie lange noch.
Frau Biedenkopf-Rohlau pustet sich ihre roten Locken aus dem Gesicht. Dann greift sie nach einem Stift, ehe unter mehreren Dokumenten ihre Unterschrift klafft. Im Anschluss schiebt sie den Stapel zu mir. Ich mustere ein letztes Mal den Kaufvertrag. 200.000€! Seit einem Jahr stelle ich deswegen falsche Rechnungen an die Krankenkassen aus. Aber egal, schließlich würde ich für das gemeinsame Glück mit Lara Fleischmann töten. Doch jetzt setze ich erstmal meinen Namen unter die Dokumente.
«Wie schön, dass sie hier einen neuen Reiterhof eröffnen wollen. Ich wünsche ihnen selbstverständlich alles Gute dabei. Es ist nur so schade, dass ich ihre Frau nicht kennenlernen konnte.»
«Wie ich ihnen ja bereits erzählte, kommt sie erst in drei Woche aus den U.S.A. zurück. Und es soll ja eine Überraschung werden.»
«Ich hoffe für sie, dass sie die einsame Lage des Hofes bei ihren Planungen zur Neueröffnung einkalkulierten.»
Ich lächle zufrieden. «Ja, das ist perfekt und wird uns in die Karten spielen,» wiegel ich ab und habe dabei die gemeinsame Einsamkeit mit Frau Fleischmann im Kopf.
Die rothaarige Frau erinnert an die Zahlung, die unbedingt in den nächsten Tagen erfolgen muss. Ich verspreche, dass ich diese heute noch einleiten werde. Nur wie, weiß ich noch nicht.
Ich begebe mich auf den Weg zurück in die Praxis. Dort warten Termine und Sitzungen mit Menschen, die mir egal sind. Nur brauche ich das Geld.
Am Abend liege ich neben meiner Lebensabschnittsgefährtin. Das Gefühl, das am nächsten Tag etwas Schreckliches passieren könnte, lässt mich nicht zur Ruhe kommen. Was ist, wenn sich meine Traumfrau schon morgen gegen mich entscheidet und ich dies erst am Dienstag erfahre? Die Vorstellung lässt meinen gestreiften Schlafanzug in einem See aus Angstschweiß baden, weswegen Brunhilde wahrscheinlich denkt, sie würde mich erregen. Wie gerne möchte ich den Namen von Frau Fleischmann schreien und mit meinem Kopf, wie eine Axt, auf das Kissen einschlagen.
Eine halbe Flasche Chantrè später liege ich auf der Wohnzimmercouch. Gefühlt drei Kilo leichter, denn Schweiß tropft jetzt von der Wäscheleine in die Badewanne. Frau Fleischmann liegt neben mir, drückt sich an meinen verklebten Körper. Immer wieder sagt sie, wie sehr sie mich braucht, denn ein Leben ohne mich wäre sinnlos. Diese Vorstellung lässt mich zur Ruhe kommen. Meine Augenlider schließen sich.

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