Hurra, endlich wieder ein Schreibwochenende. Diesmal in Flensburg. Es galt Disziplin zu zeigen, vorwärtszukommen, um am Ende mit dem Gefühl zurück nach Berlin zu fahren, etwas geschafft zu haben. Vielleicht käme ich sogar auf der Hinfahrt schon dazu, ein paar Wörter in die Tastatur zu hauen? Die Hoffnung darauf hatte die Grüße eines Zwerghamsters. Schließlich war ich nicht bereit, mehr als 9 Euro für die An- und Abreise zu zahlen.
Mit dem Bus wollte ich zum Bahnhof fahren. Ich war da, nur der Bus vergaß unsere Verabredung. Ein Weiterer verspätete sich um fünf Minuten.
So endete die Busfahrt am Bahnhof mit einem Sprung aus der Tür und einem anschließenden Sprint über die rote Ampel in Richtung Bahnhofsgebäude. Menschen kamen mir auf der Treppe entgegen, der Zug musste also schon bereitstehen. Losfahren durfte er noch nicht, ich hatte schließlich noch drei Minuten, um zuverlässiger als der Bus zu sein.
Kurz bevor ich den Bahnsteig erreichte, raunte mir jemand entgegen: »Der Zug ist eh schon weg, Fotze.« Ich schaute Richtung Gleis. Tatsächlich sah ich die roten Doppelstockwaggongs an mir vorbeirauschen. Mein nächster Blick ging zur Anzeigetafel. Stralsund – 5 Minuten Verspätung. Kurzes Durchatmen, ich war pünktlich. Schließlich wollte ich nicht nach Stralsund, mein erstes Etappenziel war Rathenow. Genau, Rathenow.
Schon im Vorfeld musste ich schmunzeln, als ich mir die Zugverbindung durchlas. Erinnerungen wurden wach. Es war im Januar 2010. St.Pauli spielte in Ahlen (NRW) und wir verabredeten uns für eine Fahrt mit dem Wochenendticket (welches es heute nicht mehr gibt). Ich glaube, es war um 04:00 Uhr in der Frühe. Schon nach unserer ersten Etappe bekamen wir unseren Anschlusszug nicht mehr.
Zurück nach Spandau, wo wir inzwischen 30 Minuten verweilten, und der Zug sich weiter füllte. Bis er sich deutlich leerte. Die nächsten fünf Stationen cancelte man mit einer spontanen Durchsage, um die verlorene Zeit wieder aufzuholen. Scheinbar wollten aber viele an einer dieser fünf Stationen aussteigen. Nun gut, erledigten sie das bereits in Spandau.
Der Zug setzte seine Fahrt fort, während meine Knie bibberten. Gab es ein erneutes Rathenow 2010?
Mit fünfzehnminütiger Verspätung erreichten wir den Endbahnhof im Havelland. Und wenn jemand sagt, Zugfahren sei gesünder als Autofahren, dann gebe ich diesem Menschen vollumfänglich recht. Aufgrund einer spontanen Gleisänderung (man versprach uns, der Anschlusszug nach Stendal würde trotz allem warten), übte ich mich erst im Ringen, dann im Dauerlauf, ehe als Abschlussübung Sprinten mit 15 kg Gewicht auf dem Rücken, anstand.
Nassgeschwitzte Menschenmassen quetschten sich in zwei Triebwagen. Ich war erleichtert, kein Taxi nach Stendal nehmen zu müssen, schließlich drückte der gute Mann das Gaspedal damals ordentlich durch, erreicht hatten wir unseren Anschlusszug trotzdem nicht. Stattdessen saßen wir vier Stunden später so konsterniert wie betrunken in einer Kreuzberger Dönerbude. So weit durfte es zwölf Jahre später bitte nicht kommen.
Nach einer Tingeltour nach Sachsen-Anhalt stand in Stendal ein erneuter Umstieg an. Und wenn die Triebwagen nach Stendal schon voll waren, dann galt es nun, sich noch irgendwie in den nächsten Zug nach Uelzen zu quetschen.
Ich erreichte Hamburg. Die Fahrt in den Hauptbahnhof glich der Ruhe vor dem Sturm. Es schien alles zu klappen. Von Berlin nach Flensburg für 9 Euro. Ohne größere Schwierigkeiten. Der Zug nach Flensburg sollte vom Nachbargleis abfahren, also alles easy.
Leider nicht. Minuten vor der Abfahrt hieß es: Der Zug fällt aus. Aufgrund einer behördlichen Vorgabe. Ah ja. Was sich im Nachhinein als Lüge herausstellte. Der Zug fuhr von Altona, wurde, aufgrund einer behördlichen Vorgabe, also nur umgeleitet. Was vorher niemand ankündigte. Nicht in der DB- App, nicht auf dem Gleis.
Nach dem Ausloten möglicher Alternativen entschied ich mich, auf die nächste Verbindung zu warten. Aber: safety first. Es folgte der Gang zum Reisecenter der Deutschen Bahn. Ich wollte mich erkundigen, ob der nächste Zug in einer Stunde nun vom Hauptbahnhof, oder wieder in Altona startete. Leider kam ich nur bis zur Tür. In dieser stand ein älterer Herr und machte einen auf Du kommst hier nicht rein. Ich ließ mich derweil zu der Äußerung hinziehen, dass es nur dem Fachkräftemangel geschuldet war, dass er dort in der Tür stehen durfte.
Eine Auskunft bekam ich trotzdem nicht. Auch die App zeigte wieder nichts an.
Der Zug, welcher eine Stunde später fahren sollte, fuhr tatsächlich. Vom Hauptbahnhof. Nur war es nicht nur ein Zug mit Doppelstockwagen. Es war auch ein Zug mit doppelten Zugteilen, also zwei. Einer fuhr nach Kiel, einer nach Flensburg. Informationen, welcher Zugteil wohin fuhr, gab es erstmal nicht. Machte mir nichts, die Richtung war ja die Gleiche. Weiter gen Norden. Zur Not würde ich meine Sachen zusammenpacken und nochmal umsteigen. Nach den bisherigen Erfahrungen an diesem Tag wäre das noch das kleinste Übel gewesen.
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